Wir müssen halt schauen, was geht

Zwei Väter über den Kontakt zu ihren Kindern, die Arbeitsteilung mit ihren Frauen und die Vereinbarkeit von Beruf und Vater-Sein.

Im Gespräch
Martin
, 42, hat einen vier- jährigen Sohn, Marco, der den Kindergarten besucht. Er arbeitet als Verkäufer bei einem schwäbischen Maschinenbau-Unternehmen.
Gerald, 40, hat zwei Söhne; Erik (7) geht zur Schule, Lennart (4) zum Kindergarten. Er arbeitet als Immobilien-Finanzierungsberater bei einer Bank.

Wie geht’s euch mit dem Vater-Sein?

Gerald: Eriks Geburt war ein ziemlicher Einschnitt für mich. Ich bin im Sportverein engagiert und VfB-Mitglied; da geht jetzt das eine oder andere nicht mehr so leicht. Mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bin ich dagegen insgesamt zufrieden; ich habe fast täglich Zeit, mit meinen Jungs etwas zu machen. Manchmal bin ich zwar beruflich unterwegs und komme spät heim, andererseits kann ich an einem Tag in der Woche im „Home- office“ von zu Hause aus arbeiten. Dann bringe ich die Jungs morgens auf den Weg und hole sie nachmittags wieder ab beziehungsweise nehme sie in Empfang. Am schönsten sind natürlich die Wochenenden! Aber alles, was über Arbeit und Familie hinaus geht, ist halt schwieriger geworden. Immerhin kann ich meinen Großen bald zu den VfB-Heimspielen mitnehmen …

Martin: Mir geht’s ziemlich ähnlich. Meine Arbeitszeiten sind einigermaßen geregelt; also habe ich abends und an Wochenenden Zeiten, die ich mit Marco nutzen kann: etwas bauen, Bücher anschauen, spielen, zusammen im Garten arbeiten.

Ihr habt beide Elternzeit genommen. Wie kam das in der Firma und in euren Bekanntenkreisen an?

Martin: Ich habe die beiden „Vätermonate“ genommen; in der Firma wurde das, sagen wir mal: neutral registriert. Nicht lange danach gab es wirtschaftliche Probleme, und ich, als Dienstjüngster, musste gehen. So hatte ich dann noch drei „Vätermonate“ mehr, mit Abfindung, fand aber zum Glück wieder eine Stelle. In unserem Freundeskreis sind die beiden Monate eigen lich Pflicht; das machen fast alle so.

Gerald: Ich habe bei jedem Kind die zwei „Vätermonate“ genommen, beim ersten auf zwei Jahre verteilt. In meiner Firma war das okay, andere Kollegen machen das auch so.

Und was haben diese Monate für euch selbst bedeutet?

Martin: Wir haben diese Zeiten sehr genossen. Nur diese ganze Bewerberei hat dabei gestört. Auf jeden Fall hat Marco heute einen guten Kontakt zu uns beiden.

Gerald: Wir haben die Zeit für schöne Urlaube genutzt und am Haus etwas gemacht. Und für meine Frau war wichtig, dass sie sich wieder ein bisschen sortieren konnte; gerade nach den ersten Monaten mit dem zweiten Sohn war sie ganz schön geschafft.

 

Gab es auch die Option, mehr „Vätermonate“ zu machen?

Martin: Für mich nicht; das wäre in der Firma nicht gut angekommen. Die zwei Monate, das verstehen die meisten. Außerdem wollte meine Frau ja auch pausieren und die Elternzeit nehmen.

Gerald: Bei uns war auch klar, dass meine Frau die Elternzeit nimmt und ich halt die zusätzlichen zwei Monate. Ich kenne auch kein Paar, das es anders macht. Aber es war gut, eine gewisse Zeit lang rund um die Uhr für alles da zu sein. Gerade mit meinen Buben hat mir das gut getan zu merken: Wir können das auch ohne Mama ganz gut.

Und wie ist das jetzt in euren Familien: Herrscht da Gleichberechtigung?

Gerald: Ich verdien’ halt den Löwenanteil des Geldes, das wir zum Leben haben, und meine Frau managt mehr zu Hause und mit den Kindern. Aber in der Freizeit teilen wir uns viel. Oft mach’ ich mit den Jungs was draußen, geh’ mit ihnen in den Wald oder zum Spielplatz. Dann hat meine Frau mal Ruhe. Unser Kleiner ist doch ziemlich wild und anstrengend. Der muss sich austoben.

Martin: Im Moment ist das auch bei uns so, dass ich mehr verdiene als meine Frau. Aber das kann durchaus noch kippen. Ich habe den krisenanfälligeren Job. Meine Frau hat zum Glück eine sichere Anstellung; sie arbeitet an zwei Tagen in der Woche bei einer Bank und könnte bei Bedarf aufstocken, will das auch schrittweise tun, je nach dem wie’s mit der Kinderbetreuung klappt, vielleicht demnächst wieder drei Tage. Hausmann ist nicht mein Traum, aber machen könnte ich das schon eine Zeit lang. Wahrscheinlich würde ich dann nebenher irgendeine Firma gründen.

Gerald: Ein Kumpel im Handballverein, 15 Jahre älter als ich, hat damals wirklich halbe-halbe mit seiner Frau gemacht. Die sind Sozialarbeiter und Lehrerin, da geht das. Aber in meinem Beruf, in meiner Position, wäre das schwierig. Teilzeit machen da eigentlich nur Frauen. Bei denen wird es auch akzeptiert; ich hätte Angst, dass es zu einem Nachteil führt, bei einer Fusion zum Beispiel oder wenn Stellen wegfallen. Und meine Frau nützt jetzt gerade die „Mutter-Zeit“, um sich etwas Neues aufzubauen. Klar: Ihre Karriere, wenn man so sagen will, hat sie aufgegeben.

Was ist für euch das Besondere am Vater-Sein? Und ist das anders als früher?

Gerald: Ich finde schon, dass Jungs den Vater brauchen, mehr vielleicht als Mädchen. Meine Frau hätte manchmal gern ein Mädchen, und wer weiß, was noch kommt … Aber ich mache halt mehr die wilden Sachen draußen, Sportliches (mein Großer ist auch schon im Handball) oder auch Werkeln im Garten. Aber wir kochen auch zusammen, Pizza zum Beispiel. Das Kreative, im Kinderzimmer und so, macht mehr meine Frau mit den Jungs. Samstags oder sonntags treffen wir auch andere Väter, vom Verein, mit ihren Kindern am Sport- platz, oft auch ohne die Frauen. Das ist dann eher Männersache.

Martin: Das ist bei mir ähnlich. Manchmal machen wir „Männer-Unternehmungen“ oder geh’n auch gerne zu zweit am Samstag zum Einkaufen auf den Markt. Im Vergleich mit meinem Vater mache ich viel mehr mit meinem Sohn, das hat schon mit dem Wickeln angefangen; das mache ich auch gerne. Aber ich bin halt nicht mehr der alleinige „Ernährer“ der Familie. Wir brauchen schon auch die Sicherheit, die die Stelle meiner Frau bietet. Mein Vater hat eine Familie mit fünf Kindern alleine ernährt. Das könnte ich nicht, da hat sich schon viel verändert. Mein Vater war ein Leben lang bei einer Firma; heute ist vieles unsicherer geworden, Wirtschaftskrisen, Stellenwechsel und so. Das Leben ist riskanter geworden, aber auch freier. Es ist nicht mehr alles so festgelegt wie früher.

Und wie sieht das bei euren Frauen aus? Sind die zufrieden mit den Arrangements, wie ihr euch die Aufgaben geteilt habt?

Martin: Ich glaub’ schon. Aber da fragst Du sie natürlich besser selbst … Wir müssen halt schauen, was geht. Im Prinzip kann jeder von uns beides machen, „draußen“ Geld verdienen oder sich um Haushalt und Erziehung kümmern; wie wir’s dann tatsächlich aufteilen, hängt halt von den Möglichkeiten im Betrieb ab. Denn das Geld muss ja irgendwo herkommen.

Gerald: Mein Job ist halt lebenswichtig für unsere Familie. Gerade wenn du noch ein Haus gekauft hast, dann kannst du da nicht so viel riskieren, und zur Zeit müssen wir eher noch Geld für weitere Qualifikationen meiner Frau ausgeben, als dass sie Geld verdient. Sie macht was aus ihrer Elternzeit, was sie schon länger im Sinn hatte. Sie ist, glaube ich, zufrieden, und ich finde es auch okay so. Eigentlich macht mir ja auch mein Beruf Spaß, und durch den „Homeoffice-Tag“ fühl’ ich mich nahe dran am Alltag mit den Kindern

Die Fragen stellte Tilman Kugler.